Das lang ersehnte Schach-Duell in der Stadthalle zwischen dem SV Hofheim und den beiden Münchener Bundesligamannschaften Bayern und SC 36 war die erwartet große Veranstaltung, die zahllreiche fachkundige Zuschauer genossen. Eine Überraschung blieb aber aus. Der SV unterlag gegen den Deutschen Meister Bayern München 1,5:6,5. Am zweiten Tag hätte man bei etwas glücklichere Verlauf gegen den SC München ein Unentschieden erreichen können, doch am Ende stand es 3:5. Zwei vielversprechende Partien, Georg Haubt - Goetzh, Dr. Huisl - Grundherr, endeten remis. Dr. Huisl gab sich in Zeitnot mit einem Remisangebot zufrieden.
Der Wettkampfsaal in der Stadthalle strahlte die typische Atmosphäre einer Schachveranstaltung gehobener Ebene aus, wofür der strahlend helle Raum, das Fachbuchangebot, Computer und ein Analyseram für die Zuschauer sorgten.
Überragend in den Hofheimer Reihen: Arno Zude, der gegen Großmeister Smejkal (München 36) sicher gewann.
Knisternde Spannung herrschte während der acht Stunden gegen Bayern München. Als Zude an Brett eins seine Partie gegen Großmeister Dr. Robert Hübner aufgab, hatte der SV 1,5:6,5 gegen den mit nur vier statt sechs Großmeistern angetretenden deutschen Meister verloren. Der Kampf der Profis gegen die Amateurmannschaft (nach achtjähriger Pause ist wieder eine hessische Mannschaft in der ersten Bundesliga), endete wie erwartet haushoch für München, das auf die Großmeister Hjartarson und Kindermann verzichtete.
Trotz der hohen Niederlage war Hofheim ein würdiger Gegner. Uwe Schnäbele gelang gegen den Münchener Großmeister Hoachim Hecht sogar ein Sieg. Das Remis verdiente sich Georg Haubt gegen FM Philipp Schlosser. Auch Buchal begann gegen Großmeister Ribli hoffnungsvoll.
Höchstes Lob erhielt Arno Zude am Brett eins, der dem Ex-Dritten der Weltrangliste, Dr. Robert Hübner, arg zusetzte. Es war eine Partie auf Biegen und Brechen, die viele Stunden ausgewogen stand und in der Hübner alle Kunst aufbieten musste, um nicht selbst in entscheidenden Nachteil zu geraten. Nach mehr als sieben Stunden nutzte er einen schwachen Zug des Hofheimers und gewann.
An den Brettern: Arno Zude - Dr. Hübner 0:1, Stephan Buchal - Ribli 0:1, Klaus Schmitzer - GM Hickl 0:1, Erik Zude - IM Bischoff 0:1, Stephan Wendel - Hertneck 0:1, Georg Haubt - Schlosser remis, Uwe Schnäbele - Hecht 1:0, Dr. Bernhard Kopp - Stangl 0:1.
SV Hofheim - SC München 36 3:5 - A. Zude - Smejkal 1:0, Buchal - Nicilac 0:1, Schmitzer - Bastian remis, Wendel - Pichler 0:1, Haubt - Goetz remis, Schnäbele - Roese 0:1, Dr. Huisl - Grundherr remis, Dr. B. Kopp - Koepf remis.
Die übrigen Ergebnissse: Bayern München - SK Heidelberg 7:1; SK Heidelberg - München 36 2,5:5,5. (Erich Heilig)
Sensibelchen Dr. Robert Hübner
Bayern München bürgt für Qualität. Dies gilt sowohl für die Arbeit mit den Beinen als auch mit dem Kopf. Und auch in der Schach-Bundesliga locken die Stars aus der bayerischen Metropole, relativ gesehen, die Massen an.
Da war es weise Voraussicht vom Gastgeber SV Hofheim, dass er vom Vereinsheim in die Stadthalle ausgewichen war. Gelohnt hat sich dieser (Schach-)zug allemal, die Zuschauer (rund 200) kamen an beiden Tagen zahlreich. Die Befürchtung, dass nur Insider kommen könnten, bewahrheitete sich nicht.
Ein Name spielte dabei sicher eine entscheidende Rolle: Großmeister Dr. Robert Hübner - ein Profi, der nach den beinahe legendären Begegnungen gegen Viktor Kortschnoi beim Kandidatenturnier um die Weltmeisterschaft, nicht nur Kennern der Szene ein Begriff ist.
Eindrucksvoll waren seine Auftritte in Raum 3 allemal. Eines war spätestens nach dem Marathonmatch gegen Arno Zude deutlich, die nach knapp acht Stunden erbitterten Kampfes an den Münchener ging: Hübner ist so ein Kauz: "Nicht alle Profis sind so", sagt SV-Vorsitzender Dr. Wolfgang Gordon "aber er ist schon ein Sensibelchen".
Als sich Arno Zude räusperte, zuckte der Star wie vom Schlag getroffen zusammen und als die Partie beendet war, weigerte er sich - wie sonst üblich - dem Schiedsrichter das Spielprotokoll auszuhändigen ("das ist schließlich ein handschriftliches Dokument von mir"). Man einigte sich schließlich auf eine Abschrift - verwunderlich, dass sie von Hübner selbst angefertigt wurde.
Zu kurz kam auch im weiteren Verlauf des Spieltages keiner der Beobachter. Wer nicht im "Saal des Schweigens" saß oder stand, um seinem Favoriten auf die Finger zu schauen, traf sich zum Fachgespräch im Foyer oder trug eine Partie gegen den Computer aus. Weitere Attraktion: das "Chess-Base-Programm" - ein vereinseigenes Datenhirn, das alle Partien Zug für Zug festhält.
Und alles soll beim nächsten Mal noch zuschauerfreundlicher werden. Dr Gordon: "Dann stellen wir im Foyer Bretter auf und veranstalten ein Turnier für Anfänger". Eine Maßnahme von vielen, die Hofheims Ausnahmestellung in Hessen erhalten soll.
Auch Mädchen sollen in Zukunft ihre Chance bekommen. Eines trumpft für den SV bereits mächtig auf: Clarissa Strnisko, 17 Jahre, hat längst ihren Platz im deutschen Jugendkader.
Doch: "Mädchen sitzen oft am Brett, um miteinander zu spielen, nicht gegeneinander", erklärt der Vorsitzende. Deshalb wurde ein Spezial-Kurs mit Frauenwartin Christa Kaulfuss eingerichtet: da sind die Mädchen unter sich. (Oliver Zils)