2025 wird die Main-Taunus-Schachvereinigung stolze 100 Jahre alt: Ein Jubiläum, das feiernswert ist. Derzeit wird überlegt, wie die 100 Jahre begangen werden sollen. Ideen und Einsatz von vielen wird benötigt. Am 3. September wird dazu eine virtuelle MTS-Mitgliederversammlung mit den Vereinen stattfinden, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Ideen sind gefragt!

Wie wurden die früheren Jubiläen begangen? Das erste wird der 10. Geburtstag gewesen sein, der mit dem 25. Geburtstag des Höchster Klubs zusammenfiel. Die MTS nahm dieses Ereignis ernst. Zwei ganze Seiten im Höchster Kreisblatt wurden diesem Ereignis gewidmet. Es folgt der Hauptartikel, der einen Abriss der ersten 10 Jahre liefert.

25 Jahre Schachklub Höchst - 10 Jahre Main-Taunus-Schachvereinigung

Jubiläums-Ausgabe der H.K.-Schachecke (Nr. 95)

So wie im wirtschaftlichen Leben unserer Heimat aus der Stadt Höchst, über den Kreis Höchst, das Gebilde des Main-Taunus-Kreises organisch herausgewachsen ist,so ist aus einer kleinen Zahl von Schachfreunden im Jahre 1910 der Höchster Schachklub, und aus diesem wieder im Jahre 1925 die Main-Taunus-Schachvereinigung entstanden.

Wenn wir die Karte betrachten, in welcher die Orte eingezeichnet sind, deren Schachvereine sich unserer Schachvereinigung angeschlossen haben, so sehen wir, daß Höchst der gegebene Mittelpunkt des zwischen den GroßstädteHK 95 3n Mainz, Wiesbaden und Frankfurt gelegenen Gebietes ist. Durch diese Städte, welche ihr eigenes Schachleben organisiert haben, in der Ost-West-Richtung an der Ausdehnung verhindert, liegt der Schwerpunkt der Entwicklung unseres Unterverbandes in der Ausweitung nach Nord und Süd. Wie rege das Leben innerhalb unserer Vereinigung ist, geht aus der Tatsache hervor, daß diese Ausdehnung auch vor den Verwaltungsgrenzen der umliegenden Bezirke nicht Halt gemacht hat. Von Anspach im Taunus bis in die Nähe des Altrheins, nach Trebur reichen die Fäden, welche in ihrem Ursprung von Höchst gesponnen wurden.


War zu Beginn dieser Entwicklungsperiode das Schachspielen meist nur in den Städten bekannt, so wurden schon früh von Höchst aus Versuche unternommen, dasselbe auch in kleinere Ortschaften zu tragen, und dort eifrige Anhänger zu werben. Durch den Krieg wurden aber all diese Versuche zu Nichte gemacht. Auch der in Soden entstandene Verein ist bald wieder in Vergessenheit geraten. Während des Krieges waren weite Bevölkerungskreise im Feld, in den Lazaretten und den Erholungsheimen mit dem Schachspiel bekannt geworden. Die Folge hiervon war, daß das Leben in den Schachvereinen, als es 1919 wieder aufgenommen wurde, einen starken Aufschwung erfahren konnte. 1920 konnte der Höchster Verein sein Winterturnier schon in 3 Klassen durchführen. Dabei spielten eine Anzahl Spieler aus den umliegenden Ortschaften mit, durch welche dann dort Schachvereine entstanden sind. So sind 1920 die Vereine in Hofheim und Kelsterbach als erste Stützpunkte entstanden, 1921 der Flörsheimer Verein, dessen rühriger Gründer Herr Heinrich Finger, sich fernerhin um die Entwicklung des Schachlebens in unserer M.T.S. so außerordentlich verdient gemacht hat.

In Höchst nahm die Entwicklung des Vereins einen erfreulichen Fortgang. Mit den neuentstandenen Vereinen, sowie den Vereinen in Rödelheim und Weisenau wurden Freundschaftskämpfe ausgetragen, welche alle mit schönen Erfolgen der Höchster Spieler endeten. Die sich anbahnende gute Entwicklung des schachlichen Lebens wurde durch die Inflation 1922/23 jäh unterbrochen. Allenthalben wurden Spielabende nur spärlich besucht. Überall aber war ein Stamm von Schachfreunden vorhanden, welche die Vereine über diese traurige Zeit hinwegbrachte. Schon 1924 sehen wir die VereineUnterliederbach und Nied, beide von Höchster Spielern inspiriert, entstehen. 1925 folgte der Sindlinger Verein, an dessen Wiege Unterliederbach Pate gestanden hat.

Dieses Jahr brachte als entscheidende Tat den Zusammenschluss der bisher aufgezählten Vereine. Am 3., Oktober fand in Höchst die Gründungsversammlung der Main-Taunus-Schachvereinigung statt. Für die neu entstandene Gemeinschaft bedeutete diese aber den Aufbruch einer Blütezeit, welche von den Gründern wahrlich nicht vorausgesehen wurde. Als erste Tat zur Hebung der Spielstärke wurden Mannschaftskämpfe eingeführt. Diese regelmäßigen Spiele führten bald dazu, daß sich die Spieler der befreundeten Vereine mehr und mehr kennen lernten. So wurde das Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den Vereinen immer fester. Jede Mannschaft, welche ein Spiel verloren hatte, beugte sich gern dem besseren Können des Gegners. Als es dem aufstrebendem Flörsheimer Verein 1926 gelang, erstmalig den Titel eines Mannschaftmeisters der M.T.S. zu erringen, wurde er von allen neidlos beglückwünscht. Die Höchster mußten sich damals mit dem 2. Platz begnügen. 1927 nahm der von den Sindlingern in Zeilsheim gegründete Verein erstmalig an unseren Mannschaftskämpfen teil. In diesem Jahre verliefen diese Kämpfe ganz besonders spannend. Sindlingen und Höchst lieferten sich erbitterte Spiele und lagen abwechselnd in Führung. Durch das Ausscheiden von Kelsterbach, welches die Rückrunde nicht mehr austrug, kam Sindlingen in einen kleinen Vorteil und konnte Höchst mit ½ Punkt Vorsprung auf den 2. Platz verweisen, während der Meister des Vorjahres mit dem 3. Platz vorlieb nehmen musste.


Wir bringen hier eine Tabelle, auf welcher der Verlauf der Mannschaftskämpfe, die in der Meisterklasse bisher ausgetragen wurden, eingezeichnet sind. Die jeweiligen Schnittpunkte der Kurven stellen, in Prozenten ausgedrückt, die Zahl der gewonnenen Partien der einzelnen Mannschaften dar. Deutlich ist zu sehen, wie die Spielstärke auf und ab schwankt, sodaß viele Kurven als ein Spiegelbild des Lebens in unseren Schachvereinen betrachtet werden können.

Im November 1927 siedelte der Höchster Verein, welcher sein Spiellokal bis dahin an der Peripherie der Stadt im „Mainzer Hof“ hatte, in das Stadtzentrum, den „Roten Hahn“ über. Die unmittelbare Folge davon war, daß eine Anzahl neuer starker Spieler den Anschluß an den Verein fanden. Mit diesen gelang es dem Verein erstmals 1927 den Meistertitel der M.T.S. zu erringen. Sieben Jahre lang hat er denselben erfolgreich verteidigt, bis er sich in den letzten Kämpfen des laufenden Jahres den eifrigen Rüsselsheimer Spielern beugen mußte. Außerdem konnten die Höchster Spieler 1927 und 1928 in den Wiesbadener Pokalturnieren schöne Erfolge erringen. Meist wurde auch der Titel des Einzelmeisters in der M.T.S. eine Beute der Höchster Spitzenspieler. So zeigte die Entwicklung innerhalb des Vereins eine stets ansteigende Linie, welche 1930 ihren Höhepunkt erreichte. In diesem Jahr konnte der Verein in Verbindung der starken Spitzenspieler mit der „alten Garde“ zu den Mannschaftsspielen  der M.T.S. so starke Mannschaften entsenden, daß ihm kein Gegner gefährlich werden konnte. Der äußere Ausdruck der damaligen Spielstärke war ein unentschiedenes 6:6 Resultat, welches die Höchster dem stärksten Frankfurter Verein in seinem Schachheim abtrotzen konnten.

Noch immer setzte sich die Entwicklung der M.T.S. nur langsam fort. 1929 waren die Vereine in Rüsselsheim und Sulzbach entstanden, 1930 Eddersheim und 1931 Lorsbach. Damit hatte sich die Zahl der Vereine von 7 seit 1925 auf 12 erhöht. Das Jahr 1932 wurde für die M.T.S. von entscheidender Bedeutung. Zur Freude aller Schachspieler erschien in der Weihnachtsnummer des Höchster Kreisblattes, am 24.12.1931 erstmalig die von Dr. grimm geleitete Schachecke. Was dies für unser Schachleben bedeutete, geht am besten aus der Tabelle hervor, welche die Entwicklung der Vereine in der MTS veranschaulicht.

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1919 sehen wir Höchst noch allein, 1931 hat die Kurve 12 erreicht und schnellt bis 1935 auf 26 hinauf. 1932 waren es die Vereine Eppstein, Kelkheim und Neuenhain, welche sich der M.T.S. anschlossen; 1933 Trebur, Sossenheim, Bad Homburg und Nied, das sich endlich entschloß, unserer Vereinigung beizutreten. 1934 entstanden die Vereine Seulberg, Oberursel, Griesheim, Schwanheim und Kronberg, zu welchen sich 1935 im hohen Taunus Friedrichsdorf und Anspach gesellten.

So soll hier nicht verhehlt werden, daß trotz dieses überraschenden Anwuchses der M.T.S. nicht alle Wünsche in Erfüllung gingen. So konnten in Bad Soden und Königstein trotz mehrfacher Versuche bisher kein lebensfähiger Verein entstehen. Auch in Schloßborn ist der so hoffnungsvoll unternommene Versuch gescheitert. In einem unserer ältesten Vereine, Kelsterbach, löst eine Krise die andere ab, sodaß kein geordneter Spielbetrieb entstehen kann. Auch in einigen kleineren Vereinen macht sich das Fehlen einer ordnenden Hand leider unliebsam bemerkbar.

Mit der fortschreitenden Entwicklung in den Vereinen zeigte es sich bald, daß auch die Spielstärke mehr und mehr zunahm. Ein Spiegelbild davon waren die Kämpfe um einen vom „Höchster Kreisblatt“  gestifteten Wanderpreis, welcher zwischen der M.T.S. und dem Frankfurter Schachverband ausgetragen wurden. In ununterbrochener Reihenfolge konnten die Spieler der  M.T.S. diesen Preis 3 mak erringen, so daß er endgültig in ihren Besitz übergegangen ist. Erst vor wenigen Wochen ist den Frankfurtern die lang ersehnte Revanche geglückt. Außer dem ersterwähnten Wanderpreis konnten die Spieler der M.T.S. manchen schönen Erfolg buchen. Vor allem waren es die Spieler des Höchster Vereins, welche das hohe Spielniveau unseres Unterverbandes unter Beweis stellten. 1930 konnte Dr. Grimm in Offenbach mit Dr. Schweißgut, Alsfeld die höchste Punktzahl erringen. In dem international stark besetzten Palmengartenturnier des Schachvereins Andersen in Frankfurt  wurde Dr. Grimm 4., während Dr. Thomae den 6. Platz einnehmen konnte. Auch in den Spielen um die Frankfurter Meisterschaft waren diese beiden Spieler immer in der Spitzengruppe zu finden. 1033 war es Dr. Grimm vergönnt, in Bad Ems den Meistertitel des Mittelrheinischen Schachbundes zu erwerben.

Mehr und mehr strebten die Spieler der M.T.S. danach, die Spielstärke ihrer Vereine zu heben, und an diejenige der Spitzengruppe heranzukommen. Die Folge hiervon war es, daß die Resultate der Mannschaftskämpfe immer knapper wurden. Höchst mußte mehr und mehr kämpfen, um seine führende Rolle behauten zu können. In dieser Zeitspanne traf uns der schwerste Verlust, der für uns denkbar sein konnte. Unser menschlich und spielerisch so hervorragende Meister Dr. Grimm wurde uns durch den Tod entrissen. Noch klafft die Lücke, und nur schwer wird sie zu schließen sein. Die sofortige Folge dieses Verlustes war es, daß Höchst bei den Mannschaftskämpfen die Führung an Rüsselsheim abgeben mußte. Dieser so tüchtige Verein hat einen Stamm von Spielern herangebildet, der auch im kommenden Jahr mit berechtigten Hoffnungen in diese Kämpfe gehen kann. Außerdem freut es uns, daß es seinem Soieler Steinkohl gelungen ist, 1935 wieder den Titel des Mittelrheinmeisters in die M.T.S. zurückzuholen. Auch die nächsten Plätze in diesem Meisterturnier konnten von Spielern der M.T.S. besetzt werden. Daß die Höchster Spieler trotzdem nicht die Hände in den Schoß legen, ist am besten durch das Ergebnis des letzten Kampfes ´: Frankfurt gegen M.T.S. bewiesen worden, in welchem die Höchster ein erhebliches Saldo zu ihren Gunsten erzielen konnten. Daß der Kampf trotzdem verloren wurde, schmerzt wohl, doch hoffen wir: „Im nächsten Jahr blühn wiederum die Rosen“.

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Als Abschluß dieser Periode 25jähriger Entwicklung veranstaltet der Höchster Schachklub morgen ein großes Mannschaftsturnier, welches dem Gedenken an Dr. Grimm gewidmet sein soll.  Weit über 200 Spieler aus fast allen namhaften Vereinen unserer weiteren Heimat kommen in Höchst zusammen, um gemeinsam noch einmal des Mannes zu gedenken, der ihnen lange Jahre Freund und Führer war. Wenn sie dann in erstem Kampf ihre Partien spielen, so zeigen sie damit, daß sie gerne bereit sind, in seinem Geiste weiterzuarbeiten, und das Schachspiel mit seinen Schönheiten in die weiteren Kreise unseres deutschen Volkes zu tragen.

Im Anschluß an das Turnier findet dann die Jubiläumsfeier, welcher die Preisverteilung folgen soll, statt. Die restlichen Stunden des Tages sollen geselligem Beisammensein gewidmet sein. Die Höchster Spieler, welche lange Jahre eifriger Tätigkeit am Schachbrett hinter sich haben, wollen für ein paar Stunden mit ihren Freunden und Familien in trautem Kreise sich der Tugend erinnern, die unser Werk so erfolgreich gestaltet hat: Die Pflege der Gemeinschaft.